Geowissenschaftliche Untersuchungen zur Wärmegewinnung

Chile besitzt die größten geothermischen Ressourcen weltweit, inklusive einer großen Zahl aktiver Vulkane. Theoretisch könnte aus den bekannten Lagerstätten nahezu die gesamte elektrischen Leistung des Landes bereitgestellt werden. Das MultiGeoEx-Projekt untersuchte Nutzungsoptionen in der südchilenischen Vulkanzone.

Vulkan Villarrica in Chile © Eva Schill

Vulkan Villarrica, Chile © Eva Schill / KIT

Ziel des Fördervorhabens

Chile besitzt die größten geothermischen Ressourcen weltweit. Die zeigt sich beispielsweise auch an der enormen Zahl aktiver Vulkane. Theoretisch könnte aus den bekannten geothermisch Lagerstätten nahezu die gesamte heute installierte elektrischen Leistung in diesem Land (> 16 GWel) grundlastfähig und CO2 arm bereitgestellt werden. Durch die klimatische Diversität Chiles eröffnen sich auch unterschiedliche geothermische Nutzungsmöglichkeiten.

So wurde gerade für die Bergbauindustrie in den nördlichen Wüstengebieten ein neues Geothermie-Projekt zur Stromproduktion eröffnet. Hier lässt sich dieser Energieträger aber auch zur Wasseraufbereitung, bzw. in den zentralen Gebieten um Santiago und südlichen Landesteilen zusätzlich zur Wärmespeicherung oder Wärmenutzung einsetzen. Dem Beispiel Reykjavik (Island) mit dem Ersatz fossiler Brennstoffe durch mittlerweile 95% geothermischer Wärmeversorgung über Fernwärme folgend, könnte damit insbesondere in der Metropol-Region auch eine Verbesserung der heutigen teilweise problematischen Luftqualität erreicht
werden.

Bisherige Potentialbetrachtungen in Chile legen den Fokus auf Hochenthalpie Geothermiefelder, die sich ausschließlich zur Stromerzeugung eignen, da sie geographisch oft abseits jeglichen Wärmebedarfs liegen. Im Gegensatz dazu wurde im Rahmen des durch das BMBF finanzierten MultiGeoEx-Projekts eine Exploration in der südchilenischen Vulkanzone zur Untersuchung der spezifischen Eignung des Untergrundes mit geophysikalischen und geochemischen Methoden vorgenommen.

Ziel des Projektes war die Festlegung der Nutzungsoptionen in dem gut erschlossenen Gebiet um Pucón. Dabei wurden auch die für den Tourismus genutzten, sensiblen, Thermalwasserquellen erfasst, um Nutzungskonflikten vorzubeugen.

Förderbekanntmachung
Förderung der Wissenschaftlich-Technologischen
Zusammenarbeit mit Chile

Partnerland/ -region
Chile

Laufzeit
01.09.2014 – 31.03.2017

Partnereinrichtungen
Karlsruhe Institut für Technologie, Institut für Angewandte Geo-wissenschaften

Geothermie Neubrandenburg (GTN)

Hochschule Bochum

Centro de Excelencia en Geotermina de los Andes, Santiago, Chile

 

Aus geologischer Sicht liegt das Arbeitsgebiet am Übergang der nördlich gelegenen Tertiären Sedimente zu den südliche gelegenen Kristallingesteinen (z.B. Nordpatagonischer Batholithkomplex). Diese Kristallingesteine erstrecken sich über weite Teil des südlichen Chiles und geben somit einen guten Einblick in das geothermische Potenzial dieses Landesteils.

Einsatz der Ergebnisse

Das MultiGeoEx-Projekt liefert starke Hinweise auf ein differenziertes Wärmepotenzial in den genannten geologischen Einheiten mit potenzieller Nutzung von Mittelenthalpie Lagerstätten zur Wärmegewinnung:

  • Die Reservoire in den Tertiären Sedimenten besitzen eher verzweigte Strukturen, in denen die Temperaturen der natürlich zirkulierenden Wässer bis 130°C betragen.
  • Im Nordpatagonischen Batholithkomplex ist die Wasserzirkulation enger an die dominante Liquiñe-Ofqui Störungszone gebunden. Hier erreichen die meteorischen Wässer aufgrund der geringeren Fließwege nur Temperaturen von <100°C. Die Austrittstemperaturen in den Thermalwasserquellen sind aufgrund des relativ schnelleren Aufstiegs tendenziell höher.

Mehrwert der internationalen Zusammenarbeit

Diese gegebenen Verhältnisse in Chile zeigen tarke Ähnlichkeiten zu den geklüfteten Geothermie-Systemen in Deutschland. So besitzt die im Arbeitsgebiet angetroffene tiefgreifende Liquiñe-Ofqui Störungszone Analogien zu dem im europäischen Riftsystem, zu dem auch der Rheingraben zählt. Auch hier wird aus den störungsgebundenen Reservoiren im Temperaturbereich von über 100°C geothermische Energie gewonnen.

Besondere Ergebnisse und Erfolge der Maßnahme

Die im Rahmen dieses Projektes eingesetzten Geowissen-schaftlichen Methoden wurden standortspezifisch mit den chilenischen Kollegen der Universidad de Chile, UDC, in Santiago weiterentwickelt und verbessert. Bedeutende neue wissenschaftliche und international signifikante Erkenntnisse wurden zur Auswertung von sogenannten Geothermometern gewonnen, die zur Bestimmung der unterirdischen Reservoirtemperatur eingesetzt werden.

Magnetotellurikmessung auf der Flanke des Villarrica © Sebastian Held

Magnetotellurikmessung auf der Flanke des Villarrica Vulkans © Sebastian Held / KIT

Um die Eignung einzelner Berechnungen zu bestimmen wurden im Rahmen dieses Projektes Laborversuche durchgeführt, mit denen eine charakteristische Anwendungsmöglichkeit festgelegt wurde. Die damit gewonnenen Erkenntnisse führen zu einer Neu-Bewertung dieser häufig eingesetzten Methodik und fanden auch an internationalen Fachtagungen, z.B. an der Stanford University (USA) eine hohe Beachtung. Gemeinsam mit den chilenischen Partnern werden die Untersuchungen aus diesem Projekt in ausgewählten hochrangigen Fachzeitschriften veröffentlicht. Mittlerweile stehen 2 Doktorarbeiten am KIT kurz vor dem Abschluss. Ebenfalls wurden 4 Abschlussarbeiten (2 BSc, 2 MSc) am KIT und UDC fertiggestellt. Ein chilenischer Student konnte mit Hilfe eines DAAD Promotions-Stipendium ans KIT geholt werden.

Mit diesem Projekt wurde eine starke Kooperationen mit chilenischen Partnern in Wissenschaft aber auch Industrie aufgebaut und gefestigt. Es wurde dabei erstmalig Mittelenthalpie Lagerstätten in Südchile hinsichtlich einer zukünftigen Erschließung charakterisiert. Gerade mit dieser Technologie besitzt Deutschland eine große Erfahrung und Kompetenz, z.B. in den vielen bayrischen Geothermie-Projekten. Unter der Voraussetzung von verordneter Luftreinhaltung könnte Geothermie als erneuerbarer Energieträger zukünftig eingesetzt werden.

Ansprechpartner/in

DLR Projektträger
Europäische und internationale Zusammenarbeit
Inge Lamberz de Bayas
Tel.: +49 228 3821 1436

KIT – Karlsruher Institut für Technologie
Institut für Angewandte Geowissenschaften
Prof. Thomas Kohl
Tel.: +49 721 608 45 22 0